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Als Reaktion auf die Entscheidung der EU, die Verbreitung der russischen Staatsmedien RT und Sputnik zu verbieten, hat das International Press Institute (IPI) folgende Erklärung abgegeben:

Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit, der Verbreitung von Desinformation und Propaganda entgegenzutreten, insbesondere angesichts der entsetzlichen russischen Invasion der Ukraine. Es ist auch klar, warum RT und Sputnik im Mittelpunkt dieser Debatte stehen. Die Entscheidung, ein Medienunternehmen zu verbieten, ist jedoch schwerwiegend und muss immer einem hohen Maß an Kontrolle unterliegen.

Rundfunkmedien können – im Gegensatz zu anderen Medienformen – legitimer Weise einer Lizenzierung und Regulierung unterliegen. Eine solche Regulierung sollte nicht nur einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein, sondern auch unabhängigen Regulierungsbehörden obliegen, die auf der Grundlage eines klaren und transparenten Regelwerks handeln, das den internationalen Standards im Bereich des Rundfunks und der Meinungsfreiheit entspricht und die Möglichkeit einschließt, Beschränkungen aufzuerlegen, wenn dies in einer demokratischen Gesellschaft verhältnismäßig und erforderlich ist.

In der EU liegt diese Regulierungskompetenz bei den Mitgliedsstaaten. Die Entscheidung der EU, den Zugang zu RT und Sputnik innerhalb des europäischen Medienmarktes durch vom Europäischen Rat verabschiedete Sanktionsmaßnahmen zu beschränken, ist zwar verständlich und gut gemeint, ändert jedoch nichts an dem Grundprinzip, dass Entscheidungen über ein Medienverbot von unabhängigen Regulierungsbehörden getroffen werden sollten.

Darüber hinaus ist das IPI besorgt, dass diese Verbote von Russland verwendet werden könnten, um seinerseits weitere Maßnahmen zur Beschränkung der im Inland tätigen ausländischen Medien zu rechtfertigen. Da die russischen Regulierungsbehörden dazu übergegangen sind, die Überreste der inländischen unabhängigen Medien des Landes zum Schweigen zu bringen, würde der Ausschluss der BBC und anderer großer europäischer Sender die russischen Bürger zu einem entscheidenden Zeitpunkt von lebenswichtigen Quellen faktenbasierter Nachrichten abschneiden. Diese Sender genießen in Russland eine weitaus größere Zuschauerzahl und einen größeren Einfluss als RT und Sputnik in Europa.

Es gilt auch in Zeiten des Informationskrieges, dass der beste Weg, staatlich geförderter Desinformation entgegenzuwirken, nicht Sendeverbote oder Zensur sind, sondern die Förderung einer professionellen und pluralistischen Medienlandschaft mit florierendem, unabhängigem Journalismus, der Unwahrheiten überprüfen und die Bürger vor Propaganda schützen kann sowie Programme zur Vermittlung von Medienkompetenz. Unser Fokus sollte daher darauf liegen, in nachhaltige und langfristige Abwehrmechanismen gegen alle Formen der Propaganda zu investieren.