Der kenianische Oppositionsführer Raila Odinga kündigte diese Woche an, nicht an der geplanten Wiederholung der Präsidentschaftswahl, die für den 26. Oktober angesetzt ist, teilzunehmen. Dies ist neueste Wendung hinsichtlich der höchst umstrittenen Wahl.
Aufgrund von vermuteten Unregelmäßigkeiten annullierte das Oberste Gericht in Kenia die Wahlergebnisse der ersten Abstimmung am 8. August, in der sich der amtierende Präsident Uhuru Kenyatta mit 54 Prozent gegen seinen Konkurrenten durchgesetzt hatte. Mindestens 28 Menschen kamen bei Protesten nach dieser Gerichtsentscheidung ums Leben, obwohl die beiderseitige Akzeptanz des Beschlusses bis jetzt noch viel schlimmere Gewaltausschreitungen verhindert haben dürfte.
In einer Zeit, die von andauernden Spannungen geprägt ist und in der viel auf dem Spiel steht, sollte die Frage, ob die Berichterstattung von Kenias Medien den Interessen der Wählerschaft dient, genauer unter die Lupe genommen werden. Obwohl das Land über eine vielfältige Medienlandschaft sowie auch über relativ hohe verfassungsrechtliche Garantien für die Presse verfügt, stellen neue restriktive Mediengesetze und gewalttätige Übergriffe gegenüber Journalisten nach wie vor eine Bedrohung des freien Nachrichten- und Informationsflusses dar.
IPI sprach kürzlich mit Bernard Namunane, assignments editor der angesehenen Zeitung „Daily Nation“, über Medienberichterstattung im Rahmen der Wahlen und über Zukunftsaussichten bezüglich der Medienfreiheit in Kenia. Die Daily Nation gehört zur Nation Media Group, die in Ost- und Zentralafrika agiert und ein Corporate Member des IPI ist.
IPI: Waren die kenianischen Medien in der Lage, über die Wahlen vom 8. August ungehindert zu berichten?
Namunane: Die Wahlen im August fanden in einem politisch aufgeladenen und gespaltenen Klima statt. Die Medien wurden von beiden Seiten genauestens geprüft und jede der beiden Seiten war entschlossen, die Berichterstattung zu beeinflussen.
Bei zahlreichen Gelegenheiten wurden Journalisten daran gehindert, über Ereignisse der National Super Alliance (NASA, Partei von Raila Odinga) oder auch der Jubilee-Partei (Partei von Uhuru Kenyatta) zu berichten. Es kam auch zu Angriffen auf Journalisten. Einer unserer Reporter wurde aufgrund einer Story, die er über Jubilee geschrieben hatte, von der Polizei verhaftet und unter vorgeschobenen Gründen ins Gefängnis gebracht.
Die Regierung zog auch Werbeanzeigen von kritischen Medienhäusern ab, was sich auf die freie Berichterstattung auswirkte.
IPI: Was ist die größte Herausforderung für die Medien im Zuge der Wiederholung der Präsidentschaftswahl?
Namunane: Die Feindseligkeit von politischen Parteien, wenn sie den Eindruck haben, dass sie keine günstige Berichterstattung bekommen. NASA hat es sich zur Gewohnheit gemacht, ihren Unterstützern zu sagen, sie sollen bestimmte Medien boykottieren, wodurch die Sicherheit von Journalisten gefährdet wird. Der Abzug von Anzeigenetats und Angriffe gegen Journalisten stellen auch ernste Herausforderungen dar.
IPI: Haben die verschiedenen Seiten während der Wahl eine faire Berichterstattung erhalten?
Namunane: Grundsätzlich ja. Zahlreiche Medien scheinen sich allerdings auch auf die Seite einer der beiden führenden politischen Parteien geschlagen zu haben. Ihrerseits haben aber auch Politiker bestimmte Journalisten als „pro-Jubilee“ oder „anti-NASA“ gebrandmarkt, usw. Einige Medien, die Journalisten in die Kampagnen-Teams eingebettet hatten, waren in ihrer Berichterstattung nicht sehr fair.
IPI: Was erhoffen Sie sich von Kenias neuem Präsidenten bezüglich der Medienfreiheit?
Namunane: Die Jubilee-Regierung hat gewissermaßen damit begonnen, die Errungenschaften, die bezüglich der Medienfreiheit in der neuen Verfassung verankert sind, rückgängig zu machen. Welche Partei auch immer die Wahlwiederholung gewinnt – ich für meinen Teil wünsche mir, dass die Medienfreiheit gewahrt und gefördert wird. Abgesehen davon bezweifle ich, dass Jubilee ihren Standpunkt zur Medienfreiheit ändern wird, wenn sie an der Macht bleibt.
IPI: Wie hat sich die Pressefreiheit in Kenia in den letzten Jahren entwickelt – sind Sie grundsätzlich optimistisch?
Namunane: Im Vergleich zu anderen ostafrikanischen Staaten genießt Kenia eine unübertroffene Medienfreiheit. Nach 2003 änderten sich die restriktiven Maßnahmen des (früher regierenden) KANU Regimes, nachdem die National Rainbow Coalition Partei (NARC) [die im Zuge des gescheiterten Verfassungsreferendums im Jahre 2005 entstand] unter dem inzwischen im Ruhestand befindlichen Präsidenten Mwai Kibaki die Wahlen gewonnen hatte.
Die Medienfreiheit hat sich insbesondere durch die Verkündung einer neuen Verfassung im Jahr 2010 zum Besseren entwickelt. Der Trend der Jubilee-Regierung, restriktive Sicherheitsgesetzte zu erlassen, droht jedoch die Errungenschaften bezüglich der Medienfreiheit seit 2003 zunichtezumachen.
Aus dem Englischen übersetzt von Katja Deinhofer