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Im Zuge des Weltpressefreiheitstages schickte IPI das folgende offene Unterstützungsschreiben für Journalisten, die in der Türkei aufgrund ihrer Arbeit eingesperrt wurden, an die Tageszeitung Cumhuriyet zur Veröffentlichung, damit diejenigen in den Gefängnissen, die daran gehindert werden, Korrespondenz zu senden oder zu empfangen, die Unterstützungserklärung auch lesen können. Der Brief, der auf Türkisch veröffentlicht wird, steht hier zur Verfügung. Weitere Informationen zu einzelnen in der Türkei inhaftierten Journalisten erhalten Sie bei FreeTurkeyJournalists.com.

An alle JournalistInnen, die in der Türkei aufgrund ihrer Arbeit hinter Gittern sind!

Am Welt-Pressefreiheitstag – dem internationalen Tag, der darauf abzielt, die Bedeutung der Pressefreiheit zu betonen und die Regierungen daran zu erinnern, dass sie verpflichtet sind, das in Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verbriefte Recht zu respektieren und hochzuhalten – wollen Eure KollegInnen auf der ganzen Welt, dass Ihr wißt, dass Ihr nicht allein seid und nicht vergessen wurdet.

Als Folge des Putschversuchs des Juli 2016 und des Referendums zur Verfassungsänderung, die dem Präsidenten große Machtbefugnisse geben soll, wissen wir, dass der Zustand der Pressefreiheit schlimm ist. Wir wissen, dass rund 150 JournalistInnen und MedienmitarbeiterInnen hinter Gittern sind und dass mehr als 170 Medienhäuser im Zuge der Ausnahmezustandes geschlossen wurden. Wir wissen auch, dass Tausende von Menschen in der Türkei inmitten der einhergehenden politischen Säuberungen direkt an ihren Arbeitsplätzen verhaftet oder entlassen wurden.

Wir haben die Behauptung der türkischen Regierung gehört, dass alle Gefangenen JournalistInnen “Terroristen” sind und dass die Anklagen gegen Sie nicht mit Journalismus in Verbindung stehen. Aber wir merken an, dass Staatsanwälte wenig bis gar keine Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt haben und dass so viele von Euch ungerechtfertigt so lange eingesperrt sind und wenig Hoffnung haben, jemals einen ordnungsgemäßen oder fairen Prozess zu erhalten.

Wir erkennen die Absurdität, dass Anklagevertreter Eure Nachrichtenberichterstattung oder andere kritische Schriften beurteilen sollen und ihr Argument, dass jeder, der die Regierung kritisiert, ein Verbündeter von gewalttätigen Extremisten ist, unabhängig davon, wie oft oder hart Ihr diesen Extremismus in der Vergangenheit kritisiert habt. Und wir lehnen ihre Weigerung ab, anzuerkennen, dass Eure Rolle Rechenschaft von der Regierung einzufordern letztlich die Demokratie stärkt und in Wahrheit für ihr Überleben entscheidend ist.

Wir wissen, dass die Anklagen gegen Journalisten, die aufgrund ihrer Arbeit eingesperrt sind, als nichts Anderes als eine Ansage der türkischen Regierung angesehen werden können, Kritik zum Schweigen zu bringen und die Rechenschaftspflicht zu behindern, und dass Euer langer Arrest unter erschwerten Bedigungen eine Bestrafung dafür ist, dass Ihr aufgestanden seid.

In zunehmendem Maße weiß die Welt das auch. Das Internationale Presseinstitut (IPI) – ein globales Netzwerk von Redakteuren, MedienunternehmerInnen und führenden JournalistInnen, die sich der Pressefreiheit widmen – arbeitet weiterhin mit dem IPI Nationalkomitee der Türkei zusammen, um die Welt auf Eure schwierige Situation aufmerksam zu machen, um die türkische Regierung dazu zu bewegen, ihre Menschenrechtsverpflichtungen einzuhalten und ausländische Regierungen zu ermutigen, die Türkei dazu zu bringen, dies auch zu tun.

Wir sind nicht alleine. Wir sind nur ein Teil der Bewegung von Dutzenden von lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Verteidigern der Pressefreiheit und freien Meinungsäußerung. Auf der ganzen Welt arbeiten diese Gruppen unermüdlich daran, dass diese Unterstützung für eine demokratische Türkei und die grundlegenden Menschenrechte ihrer Menschen eingefordert und nicht für vorübergehende Sicherheits- oder wirtschaftliche Belange aufgegeben wird. Wir wissen, wie Ihr auch über das enorme Risiko, dass dies für die Türkei und für alle seine Nachbarn bedeutet.

Gemeinsam arbeiten Menschen auf der ganzen Welt daran, Eure Situation anhand von Einzelschicksalen und nicht als Nummern darzustellen und die Anliegen der JournalistInnen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu unterstützen. Sie mobilisieren, um die Gerichtsfälle zu beobachten und der Welt zu berichten, was wirklich passiert. Und sie treffen sich mit Euren Familien und Kollegen vor Ort in der Türkei, um an Sie und an Euch die klare Botschaft zu senden, dass wir hinter Euch stehen.

Wir sehen ganz klar, dass diese Anklagen politisch motiviert sind. Wir unterstützen Euch – die eingesperrten JournalistInnen und Führungskräften dieser Zeitung und alle anderen, die ungerecht infolge ihrer Arbeit eingesperrt sind. Und wir versichern Euch noch einmal, dass Ihr weder allein noch vergessen seid.

Heute, wo wir an die Bedeutung des Rechtes, Informationen zu teilen und zu erhalten, hinweisen und auch an die Opfer erinnern, die viele dafür gebracht haben, bekräftigen wir erneut, dass das Kritisieren einer Regierung nicht unbedingt mit der Unterstützung von jeglichen Regierungsfeinden gleichgesetzt werden kann.

Auch kann Kritik allein nicht die Absicht haben, Gewalt zu unterstützen oder auszuüben. Das ist ein Grundprinzip, wofür wir – und unsere Partner auf der ganzen Welt – weiter kämpfen werden, bis alle JournalistInnen, die aufgrund ihrer Arbeit in der Türkei festgehalten werden, befreit sind.