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Der 10. Dezember 2017, Internationaler Tag der Menschenrechte, läutete das 70. Jubiläum der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, welches 2018 gefeiert wird, ein. Aus diesem Anlass veröffentlicht das International Press Institute (Internationales Presseinstitut, IPI) eine Serie von vier Artikeln. Diese wurden von JournalistInnen in der Türkei verfasst, welche die Auswirkungen, die der Druck auf die Medien auf andere Aspekte einer demokratischen Gesellschaft hat, genauer unter die Lupe genommen haben. Dieser Artikel ist der dritte von vier Beiträgen in dieser Serie.

Für diesen Artikel sprach Journalistin Gonca Tokyol mit UniversitätstudentInnen und jungen ArbeiterInnen in den Städten Ankara, Diyarbakir, Erzurum und Istanbul, um ihre Ansichten zu den jüngsten Ereignissen in der Türkei zu hören und zu erfahren, wie diese Ereignisse ihre Beziehung zu den Medien beeinflusst haben. Personen, die ihren vollständigen Namen nicht angeben wollten, werden im Folgenden nur mit dem Vornamen genannt.

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„Glaubst du, dass die Presse in der Türkei objektiv und frei ist?“

Fast jede Person, der diese Frage gestellt wird, sieht mich mit fragenden Augen an und wundert sich, nach kurzem Zögern, ob mich die Antwort wirklich interessiert. Viele antworten nach ein paar Sekunden mit „Nein“, aber die Anzahl jener, die mit „Natürlich“ antworteten, ist so gering, dass man dies als die Fehlerspanne betrachten könnte.

Fast alle jungen Menschen, mit denen wir sprachen, sagten, dass die Nachrichten und ReporterInnen nicht „objektiv“ seien und ihre Meinung zum Thema Zensur bei JournalistInnen variierte je nach politischem Standpunkt.

Laut Ende 2016 vom Statistikinstitut der Türkei veröffentlichten Daten machen 19,4 Millionen junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren rund 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes aus, welche sich auf fast 80 Millionen Einwohner beläuft. Der Prozentsatz der jungen Menschen, die angeben, täglich die Nachrichten zu verfolgen, liegt bei etwas mehr als der Hälfte

Manche jener Personen, die die Nachrichten nicht täglich verfolgen, sagen, dass sie dies nicht tun, weil sie „mit der politischen Agenda nicht Schritt halten können“ oder sich einfach nicht dafür interessieren, was im Land geschieht.
Göknil, 22, Studentin an der Technischen Universität Istanbul, sagt: „Ich habe damit aufgehört, die Nachrichten zu verfolgen, weil ich weiß, dass ich nichts ändern kann.“

Şexo, Jusstudent an der Dicle-Universität in Diyarbakır, erklärt: „Ich verfolge die Nachrichten nicht, und ich will sie auch nicht verfolgen. Die Presse wurde mundtot gemacht; Ich habe kein Vertrauen in die Nachrichten.“

Einer der zentralen Gründe dieser mangelnden Aufmerksamkeit ist die Verzweiflung darüber, dass man einfach nichts ändern kann, auch wenn man sich hinsichtlich der Entwicklungen der Nachrichten regelmäßig auf dem Laufenden hält. Andere haben es aufgegeben, die Nachrichten zu verfolgen, weil sie sie für ungenau halten.

Generell sagten viele Studierende, die wir befragten, dass sie damit aufgehört hätten, die Nachrichten zu lesen oder sie anzusehen, weil sie vom Wortlaut, der Menge, der Bissigkeit und Schärfe in den Aussagen sich duellierender PolitikerInnen, die sie als „Hahnenkampf“ beschrieben, genug gehabt hätten.

Social Media als Journalisten

Das Internet ist das von jungen Menschen am meisten verwendete Medium, um Zugang zu Nachrichten zu bekommen. Junge Menschen besuchen zu diesem Zweck aber nicht die Websites von Medienorganisationen, sondern verfolgen Posts auf Social Media-Plattformen. Anders ausgedrückt: Social Media sind ihr Journalist.

Junge Menschen wenden auch noch eine andere Methode an, um auf Nachrichten zuzugreifen: Sie verfolgen die persönlichen Social Media-Accounts von ReporterInnen, die bei verschiedenen Zeitungen, Magazinen oder Fernsehsendern arbeiten, anstatt Mainstream-Medien zu verfolgen, die auch auf Social Media Präsenz zeigen. Die meisten jungen Menschen, mit denen wir gesprochen haben, konnten keine konkrete Antwort auf die Frage geben, wann sie das zuletzt eine gedruckte Zeitung gekauft haben.

Mit wenigen Ausnahmen nutzen junge Menschen das Fernsehen eher als Quelle der Unterhaltung statt als Nachrichtenquelle. Die einzige Ausnahme ist FOX TV. Ein wesentlicher Teil der Befragten gab an, keine Nachrichten zu lesen oder zu verfolgen, außer „von Zeit zu Zeit“ die Berichterstattung des Journalisten Fatih Portakal.

Ein Großteil jener Studierenden äußerte politische Ansichten, die konträr zu jenen der aktuellen Regierung sind. Sogar jene, die die Objektivität von Portakals Berichterstattung anzweifeln, sagten, dass seine „regimekritische“ Berichterstattung „die beste unter den gegebenen Bedingungen“ sei.

Laut Informationen im Anhang des Digital News Report 2017 des Reuters Institute, der im November letzten Jahres veröffentlicht wurde, haben 38 Prozent der Menschen in der Türkei kein Vertrauen in die Nachrichtenmedien. Wenn man sich speziell junge Menschen ansieht, so ist zu erkennen, dass der Prozentsatz steigt. Viele geben an, ein paar Veröffentlichungen der „oppositionellen Partei“ zu lesen und gesammelte Informationen zu filtern, bevor sie entscheiden, was „wahr“ ist.

Mazlum, Student des Bauingenieurswesens an der Dicle-Universität, sagte, dass er zuerst Nachrichten über „regierungsnahe Quellen“ auf Social Media lese, „weil es keinen richtigen Nachrichtensender mehr gibt“ und vergleicht sie dann mit der Berichterstattung kurdischer Nachrichtenbüros, um nach Unterschieden zu suchen.
„Menschen gestalten mittlerweile ihre eigenen Nachrichten“, bemerkt er. „Sie lesen Nachrichten in ein paar Medien, und filtern dann Informationen heraus.“

Yusuf, Bauarbeiter an der Ataturk-Universität in Erzurum, sagt: „Ich glaube dem, was geschrieben wird, nicht so recht. Eine Zeitung behauptet, unserer Wirtschaft gehe es gut, und die andere sagt: ‚Oh mein Gott, unsere Wirtschaft bricht ein.‘ Man weiß also nicht, welcher Zeitung man glauben kann, und glaubt deshalb gar keiner.“

Er ergänzte, dass er der Behauptung, JournalistInnen würden in der Türkei zensiert werden, nicht zustimme.

Unterschiedliche Meinungen

Junge Menschen haben unterschiedliche Meinungen darüber, ob JournalistInnen und ReporterInnen in der Türkei zensiert werden – ein Land, das von der US-amerikanischen Denkfabrik Freedom House als „nicht frei“ eingestuft wird.

Die Mehrheit einer Gruppe, mit der wir gesprochen haben, gab an, der Regierung nahezustehen und erklärte, dass die Möglichkeit, überhaupt so eine Frage zu stellen, zeige, dass Behauptungen über Zensur unrealistisch seien. Eine beträchtliche Anzahl der restlichen Befragten sagte allerdings, dass sie glaubt, es gebe keine wirkliche Meinungsfreiheit in der Türkei und, Zensur sei ein häufig eingesetztes Instrument, nicht nur gegen die Medien, sondern im ganzen Land. Unter jenen befragten jungen Menschen, die sich selbst als „Nationalist/in“ betrachten, war die Anzahl jener, die Zensur für ein notwendiges Instrument für das „Überleben des Staates“ halten, ziemlich hoch.

Rabia, eine Studentin an der Gazi-Universität, erzählte mir: „Manche Dinge sind vielleicht nicht dazu gedacht, veröffentlicht zu werden. Das sollte nicht gleich als Zensur gesehen werden.“

Çağatay Ayaz, Journalismus-Student an der Ataturk-Universität und Unterstützer der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), denkt ähnlich darüber. Er streitet ab, dass es aktuell Zensur gebe und sagt auch, dass die Medien nicht objektiv seien und derzeitige Praktiken nicht ausreichen.

„Zensur ist ein Muss“, sagt er. „Nach den [Erdbeben des Jahres 2011, welche die Provinz Van im Südosten der Türkei getroffen haben] gab es zahlreiche Nachrichtenberichte über die Lage und auch unzählige Fotos. Was macht der Sender BBC in unserem Land? Sie diffamieren die Türkei.“

Yusuf, der nicht glaubt, dass die Berichterstattung von Zeitungen oder dem Fernsehen objektiv sind, antwortet mit „Nein“ auf die Frage, ob JournalistInnen und Nachrichtenmedien in der Türkei zensiert werden. Trotzdem denkt er einen Moment nach und ergänzt: „Ich glaube nicht, dass sich unsere Staatsleute bei den Nachrichten einmischen, egal, wer sie geschrieben hat. Wenn sie das tun würden, hättest du nicht hierherkommen können, um über dies hier zu berichten.“

Çiğdem Öz, Journalismus-Studentin in Erzurum, denkt anders. Mit Verweis darauf, dass ihre StudienkollegInnen zensiert werden, sogar in der Zeitung, sagt Öz, 21, dass sie denke, sie werden auch nach ihrem Abschluss mit Zensur zu kämpfen haben. Ihre Freunde, die die Ueitung herausgeben, stimmen zu, dass Medien in der Türkei zensiert werden. Alper, ein Studienkollege, der glaubt, dass man dort, wo es Zensur gebe, nicht über Pressefreiheit sprechen könne, sagt auch, dass es in den Medien keinen Platz für Zensur geben darf – auch dann nicht, wenn sie der Aufrechterhaltung der Ordnung im Staat dienen solle.

Erfahrungen von KurdInnen

Studierende in Diyarbakir unterstreichen, dass Zensur für sie nichts Neues ist, und sagen, dass Menschen im Westen oft eine „falsche und unvollständige“ Berichterstattung darüber erhalten, was in kurdischen Städten passiert.

„Nach Kämpfen in Sur wurden beispielsweise Trümmer in den Müll geworfen“, sagt man. „Menschliche Knochen und historische Artefakte wurden gefunden… Unsere Lehrperson war beim Nachrichtenkanal Al Jazeera, um über die Geschichte von Sur zu sprechen. Ein Medium in Katar kann das senden, aber in türkischen Medien ist nichts davon zu hören oder zu sehen.“

Renas, Student an der Dicle-Universität, ergänzt: „Nach dem Angriff auf das Meeting der [pro-kurdischen Volksdemokratiepartei] HDP in Diyarbakır am 5. Juni 2016 betraten wir dieses Gebiet. Türkische Flaggen auf der einen Seite, Fotos von Abdullah Öcalan und gelb-rot-grüne Pendants auf der anderen Seite. Dann kam der Kameramann des [Nachrichtensenders] TGRT und filmte. Als ich heimkam, sah ich mir die Sendung im Fernsehen an und erkannte, dass sie nur die Hälfte der Aufnahmen sendeten, mit dem Titel ‚Separatisten tragen Symbole von Terrororganisationen‘.“

Nach Gebeten in der Melike Hatun-Moschee, die sich gegenüber dem Jugendpark in Ankara befindet und welche Präsident Recep Tayyip Erdogan Ende letzten Oktober eröffnete, sprachen wir mit drei Freunden, die angaben, die MHP zu unterstützen. Auf die Frage „Wer zensiert?“ antworteten sie: „Staatsleute“.

Unabhängig von ihren politischen Ansichten oder der Stadt, in der sie leben oder studieren, sind die meisten Jugendlichen in der Türkei der Meinung, dass die Medien frei seien. Aber unter jenen, die angaben, der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, die seit Ende 2002 an der Macht ist, nahezustehen, sagen die meisten, dass das Argument, „die Presse in der Türkei ist nicht frei“ nicht der Wahrheit entspreche, auch wenn manche einräumen, dass die Medien – als vierter Eckpfeiler der Demokratie betrachtet – „sich nicht sehr komfortabel bewegen können“.

Muharrem, der in Ankara lebt und seit einiger Zeit arbeitslos ist, erklärt: „Sie sagen, dass es keine Pressefreiheit gebe, aber jede Zeitung berichtet über [den Vorsitzenden der Republikanischen Volkspartei (CHP), Kemal] Kılıçdaroğlu.“
Ekici, ein 20-jähriger Student und selbsternannter AKP-Unterstützer, sagt, dass [die Veröffentlichung von Beweisvideos einer Suche an der syrisch-türkischen Grenze nach syrischen, zu Geheimdiensten gehörigen Trucks, bei der jede Menge Waffen entdeckt wurden] – die Grundlage für die Festnahme und die dreimonatige Untersuchungshaft des ehemaligen Chefredakteurs der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, und des Vertreters der Zeitung, Erdem Gül – „nicht als Teil der [Presse-]freiheit gesehen werden kann, [weil] Geheimnisse offengelegt wurden.“

Auch wenn er einräumt, dass Fehler gemacht wurden, macht Muharrem seinen Standpunkt klar: „Sie sind nicht wegen ihres Journalismus, sondern wegen Terrorismus hinter Gittern. Es mag auch Fehler gegeben haben und es wurden auch die falschen Leute eingesperrt, aber jene, die Staatsgeheimnisse veröffentlichen, sind AgentInnen, keine JournalistInnen.“

Informationsfreiheit?

Kübra, Geografie-Studentin an der Ataturk-Universität, ist die einzige Person, die mit „Ja“ auf die Frage antwortet, ob es derzeit in der Türkei Informationsfreiheit gebe. Ihre engen Freunde, die Schwestern Meryem und Mehtap Cici, stimmen ihr hier aber nicht zu. Büşra Yapıcı, Yahya Savcı und Sadık Uçak – Studierende an der Marmara-Universität – antworten einstimmig mit „Nein“. Die Gruppe, deren Mitglieder die Partei MHP unterstützen, geben an, dass Nachrichten, die veröffentlicht werden, entweder verkürzt dargestellt oder falsch erzählt werden.

Ejder, Student des Bauingenieurwesens an der Dicle-Universität, erklärt: „Das Land befand sich monatelang im Ausnahmezustand, die Demokratie ist schon seit Jahren in der Krise. Sehr wenige schaffen es, aufgrund des Drucks auf die Medien, dranzubleiben. Wir begründen diese Situation, wenn auch nur ein bisschen, mit dem, was passiert ist. Aber sie hätten das bedenken sollen, als sie sich für diesen Beruf entschieden haben.“

Sein Freund Renas ergänzt: „In einer Umgebung, wo Mitvorsitzende der HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yükseldağ, sowie viele weitere Abgeordnete für Monate hinter Gittern waren, ist es kein Wunder, dass JournalistInnen passiv bleiben.“

Die jungen MHP-UnterstützerInnen, mit denen wir nach den Freitags-Gebeten gesprochen haben, vertreten genau die entgegengesetzte Ansicht, und trotzdem machten sie eine ähnliche Bemerkung.

„JournalistInnen haben Angst“, sagt eine Person. „Sie denken, dass ihre Zeitung geschlossen wird und dass sie im Gefängnis landen werden, wenn sie etwas Falsches schreiben oder einen unerwünschten Kommentar abgeben.“

Ein weiterer Punkt, in dem alle Studierenden und jungen ArbeiterInnen, mit denen wir gesprochen haben, übereinstimmten, ist die Tatsache, dass Medien nicht objektiv sind. Fast jede/r der Befragten antwortete mit „Nein“ auf die Frage, ob sie glauben, Zeitungen oder andere Medien seien objektiv.

Regierungsnahe Medien werden nicht nur als wenig objektiv gesehen: Viele der befragten Personen sind der Meinung, dass „regierungsfeindliche“ oder oppositionelle Medien ihr Engagement für den Journalismus beiseitelegen, um eine „Propaganda der Unzufriedenheit“ zu machen.

Laut Mazlum, einem Studenten des Bauingenieurswesens, praktizieren „beide Gruppen von JournalistInnen – regierungsnahe und auch regimekritische“ parteiischen Journalismus.

Ahmet Göneş, Student der Kommunikationswissenschaften an der Atatürk-Universität, argumentiert, dass Journalismus in der Türkei nicht objektiv sei. Aber er ergänzte: „Ich bin Kurde, aber ich kann nicht sagen, dass kurdische Medien objektiv sind. Sie haben nicht die gleichen Möglichkeiten wie regierungsnahe Zeitungen, aber sie sind in keinster Weise objektiv.“

Sein Studienkollege Alper stimmt zu.

„JournalistInnen müssen ihre politische Identität vergessen, wenn sie über etwas berichten. Sieht man sich aber die aktuelle Situation an, sind [die Zeitungen] Sözcü und Star in der Hinsicht nicht voneinander zu unterscheiden“, sagt Alper. „Das Problem liegt nicht bei regierungsnahen Medien, es liegt ganz allgemein bei den Medien.“

Parteilichkeit und ,Polarisierung‘

Unabhängig von ihren politischen Ansichten gaben viele junge Menschen, mit denen wir gesprochen haben an, zu denken, dass die Herangehensweise hinsichtlich Nachrichten die „Polarisierung“ im Land befeuere. Aber ihre Ansichten über den Grad der „Parteilichkeit“ in den Medien waren unterschiedlich.

Einige sagten, sie fänden Parteilichkeit speziell für regimekritische Medien, welche die „schwache Seite des ungleichen Tisches“ besetzen, gerechtfertigt – vor allem, wenn man die politische, rechtliche und wirtschaftliche Unterstützung bedenke, welche die regierende Partei manchen Medien gewährt.

Jene, die argumentierten, dass es die einzige Aufgabe von JournalistInnen sei, Informationen objektiv darzustellen, sagten, dass das Maß an Voreingenommenheit in der derzeitigen Situation die demokratische Entwicklung und Zukunft des Landes negativ beeinflussen würde, unabhängig von seiner Ausrichtung.

Renas, Student an der Dicle-Universität, sagt: „Objektivität wäre unverzichtbar, wenn die Politik in der Türkei auf Denken basiert, aber ich glaube zum Beispiel nicht, dass es für [die Zeitung] Özgür Gündem, die eine seit Jahren leidende Kolonialgemeinschaft verteidigt, gerechtfertigt ist, parteiisch zu sein.“

Eine 22-jährige Studentin an der Gümüşsuyu-Fakultät für Maschinenbau an der Technischen Universität Istanbul sagt, dass regierungsnahe sowie oppositionsnahe Medien parteiisch sind.

„Man kann den gleichen Vorfall als zwei unterschiedliche Nachrichtenmeldungen lesen, abhängig davon, wo man sie liest“, sagt sie. „Das befeuert die Polarisierung in der Gesellschaft.“

Eine befragte Person, die an der Technischen Universität des Nahen Ostens studiert, stimmt zu: „Die Nachrichten, die wir lesen und die Nachrichten, die der Rest des Landes liest oder ansieht, unterscheiden sich voneinander. Das intensiviert die politische Polarisierung, die es bereits aus anderen Gründen gibt.“

Furkan, ITU-Student, ist sich ziemlich sicher, dass das Fehlen der Informationsfreiheit in der Türkei auf lange Sicht Auswirkungen auf sein Leben haben wird.

„Menschen werden über Ereignisse im Unklaren gelassen – oder schlimmer noch: Ereignisse werden der Öffentlichkeit falsch präsentiert“, bemerkt er. „Die Tatsache, dass Menschen im Dunkeln gelassen werden, hat direkte Auswirkungen auf die Politik, weil wir ein ‚demokratisches‘ Land sind. Eine Person trifft ihre politischen Entscheidungen auf Basis ihres eigenen Verständnisses der Wahrheit, ohne irgendwelche Informationen zu haben. Staatliche Behörden verlieren an Wert. Und das hat Auswirkungen auf unser Leben – direkt oder indirekt. Das Problem beeinflusst unser Leben, unsere Legislative, Exekutive und Judikative.“

Onat Duğantaş, Schüler an der Beşiktaş Anatolian-Schule, fasst die allgemeinen Erwartungen, die Jugendliche unabhängig von unterschiedlichen politischen Ansichten, Studienrichtungen oder Wohnorte an die Medien haben, wie folgt zusammen:

„Eine objektive Herangehensweise an Nachrichten muss Priorität haben; öffentliche Unterstützung muss, im Kampf gegen Zensur, ein zentraler Aspekt sein und Quellen, die falsche Informationen enthalten, müssen der Öffentlichkeit genannt werden.“

Aus dem Englischen übersetzt von Katja Deinhofer

Gonca Tokyol ist eine in der Türkei lebende Journalistin, die zurzeit für T24 arbeitet.

Sie hat bereits über eine Vielzahl an Themen berichtet, einschließlich der türkischen Jugend, der Präsidentschaftswahlen im Iran, des Gerechtigkeitsmarsches 2017 und der Flüchtlingskrise.

Die in diesem Artikel zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind jene der Autorin und spiegeln nicht zwangsläufig die Ansichten des International Press Institute (Internationales Presseinstitut, IPI) wider.